In Zukunft wird sie vieles vermissen: Die seelsorgerlichen Gespräche mit Menschen, die sie durch Freud und Leid begleitet hat, das Predigen in den verschiedensten Gottesdiensten, ihr Mitwirken bei musikalischen Matineen oder an Fastnacht. Das fröhliche Grüßen der Schulkinder, die sie vom Religionsunterreicht kennen und auf ihrem Heimweg am Pfarrhaus vorbeikommen, und natürlich auch das „Miteinander-nach-Gott-Forschen“ mit den kleinen „Kirchenentdeckern“ in der Saalkirche. 13 Jahre lang war Anne Waßmann-Böhm mit Leib und Seele Pfarrerin in der evangelischen Saalkirchengemeinde in Ingelheim. Nach insgesamt mehr als 23 Jahren Pfarrdienst geht die 54-jährige Theologin – wie sie schmunzelnd sagt – „zurück auf die Trainerbank“.
Vertreterin kirchlicher Interessen beim Rundfunk
Denn seit dem 1. Oktober 2025 ist sie Rundfunkbeauftragte der evangelischen Kirchen in Rheinland-Pfalz beim SWR. Dort verantwortet sie gemeinsam mit dem ökumenischen Team von „Kirche-im-SWR“ die kirchlichen Verkündigungssendungen im SWR. Dazu gehören verschiedene Andachtsformate, Radio- und Fernsehgottesdienste. Außerdem ist sie Bindeglied zwischen Kirche und SWR. In engem Austausch mit der Redaktion und der Senderleitung vertritt sie dort die Interessen der Kirche. Ganz konkret betreut sie nun die Autorinnen und Autoren für die SWR-Andachtsformate wie den „Morgengedanken“ (SWR4) und den „Anstößen“ (SWR1), schult sie für den Rundfunkauftritt und unterstützt sie beim Schreiben.
„Das Schönste ist doch, wenn jemand nach dem Gottesdienst sagt, ‚das hat mich berührt.‘“
Und natürlich wird Anne Waßmann-Böhm auch weiterhin eigene Andachten verfassen. Weil sie „sehr, sehr gerne“ kreativ an Texten arbeitet, ist sie als Rundfunkbeauftragte ganz in ihrem Element. Und egal, ob sie nun eine Predigt in der Kirche oder eine Andacht für den Rundfunk schreibt, oberste Priorität hat für sie: „Ich will, dass Gottes Wort bei den Menschen ankommt und nicht über deren Köpfe hinwegfliegt.“ Dieses Ziel verfolgte sie schon als Pfarrerin in ihrer ersten Kirchengemeinde Selzen-Hahnheim-Köngernheim (2002–2012). Und erst recht später in der Saalkirchengemeinde Ingelheim (2012–2025), wo sie im Team mit ihrer Pfarrkollegin Jessica Grünenwald und den KirchenmusikerInnen Carsten und Iris Lenz zusammenarbeitete. „Unser Anspruch war es immer, gemeinsam mit allen den Gottesdienst zu feiern“, erinnert sie sich. Ein gelungenes Zusammenspiel von Text und Musik war dafür der Erfolgsgarant. Dass dieses Konzept gut ankam, zeigt die große Beliebtheit der mittlerweile 22 ZDF-Fernsehgottesdienste, die das Team seit 2018 zusammen mit verschiedenen GastpredigerInnen verantwortet hat. „Das Schönste ist doch, wenn jemand nach dem Gottesdienst sagt, ‚das hat mich berührt.‘“
„Unser Grundauftrag als PfarrerInnen ist es, zu bewegen, zu trösten und zu erfreuen.“
In ihrer täglichen Arbeit als Pfarrerin in Ingelheim ging Anne Waßmann-Böhm gerne neue, innovative Wege. Oft tat sie das in Kooperation mit anderen Ingelheimer Einrichtungen, etwa mit dem Museum bei der Kaiserpfalz oder mit den Boehringer „Internationalen Tagen Ingelheim“. Sie entwickelte u. a. das Format der „Kirchenentdecker“ für Kinder der 3. Klassen. Mit ihnen erforschte sie die Saalkirche mit allen Sinnen – wie sie sich anfühlt, wie sie riecht, und sogar, wie sie schmeckt. Als Gemeindepfarrerin war Anne Waßmann-Böhm im direkten Kontakt mit den Menschen – ob im Konfirmanden- oder Religionsunterricht, im Gottesdienst oder Seelsorgegespräch. Als Pfarrerin hat sie mit den Menschen gelebt. „Unser Grundauftrag als PfarrerInnen ist es, zu bewegen, zu trösten und zu erfreuen. Das ist eine große Herausforderung.“ Ihr Ziel war und ist es deshalb: „Gott als roten Faden in das Leben der Menschen einzuweben“. Und das hat sie auch für ihre Rundfunkarbeit vor Augen. Doch hier sind die Rahmenbedingungen anders: „Im Radio erreichen wir die Menschen eher zufällig, dort, wo sie gerade sind“, erklärt sie. „Gerade deshalb ist es spannend und herausfordernd, wenn wir kirchenferne Zuhörende mit einem kirchlichen Impuls zum Nachdenken bringen können.“
Gottesdienste zum Abschied und zum Neuanfang in Ingelheim und Mainz
Als Rundfunkbeauftragte ist sie jetzt auch für die Sendung „Begegnungen“ auf SWR1 mitverantwortlich. Diese greift nicht nur innerkirchliche Themen auf, sondern stellt auch Menschen vor, die sich mit besonderem Engagement für ein gutes Anliegen einsetzen – unabhängig davon, ob sie der Kirche nahestehen oder nicht. Sie freut sich über Anregungen, wenn jemand spannende Persönlichkeiten kennt, die eine Geschichte zu erzählen haben. Im Moment bereitet sie außerdem die Predigt für ihren Verabschiedungsgottesdienst in der Ingelheimer Saalkirche am 2. November 2025 (10:00 Uhr) vor. In ihr wird sie den Spruch „Ihr seid ein Brief Christi“ (2. Korinther 3,3) aufgreifen. Das wird jedoch nicht ihre letzte Predigt in Ingelheim sein, denn Pfarrerin Waßmann-Böhm hat ab dem kommenden Jahr für den Nachbarschaftsraum Ingelheim einen Predigtdienstauftrag für bis zu sechs Gottesdienste. Am 14. November 2025 (16:00 Uhr) wird sie in der Mainzer Auferstehungsgemeinde mit einem festlichen Gottesdienst offiziell in ihr neues Amt als Rundfunkbeauftragte eingeführt. Damit beginnt für Anne Waßmann-Böhm ein neues Kapitel kirchlichen Arbeitens – nah bei den Menschen, aber auf einer anderen (Sende-)Frequenz.